Fachforum
„Jobcenter der Zukunft II“

24. März 2023, 8:30 – 16:00 Uhr

Nach dem erfolgreichen ersten Treffen von rehapro-Projekten in Begleitung durch den Forschungsverbund rehapro (bzw. einzelner Mitglieder davon) im Juni 2022 griff dieses zweite Fachforum zentrale Fragestellungen der Projekte auf und bot den Projektleitungen, den Leitungen der Jobcenter und den Leitungen wichtiger Akteure dazu einen überschaubaren und „geschützten“ Rahmen für Diskussion, Austausch und Lernen. Der Forschungsverbund rehapro setzt sich aus den folgenden Partnern zusammen:

ism Logo

Dokumentation des Fachforums II

Begrüßung aller Teilnehmenden (Teilnehmendenliste als PDF), Willkommen durch Peer Gillner und Kurzvorstellung der gastgebenden Lawaetz Stiftung

Einführung in den Ablauf des Tages durch Michael Seligmann

Folgende Aspekte von rehapro sind erprobt und wert, verstetigt zu werden

Die Verstetigung des Freiwilligkeitsprinzips ist wichtig. Allerdings steht damit auch die Frage im Raum, wie weit Freiwilligkeit geht und wo eine Mitwirkungspflicht beginnt. Ein geeignetes Instrument, um Rechte und Pflichten festzuschreiben, kann ein Teilhabeplan / ein Koopera­tionsplan sein. In dem Zusammenhang wurde gleichwohl die Frage diskutiert, ob es sinnvoll ist, auf einen Plan zu verzichten, weil sich der Hilfebedarf schnell ändert.

Wichtige Grundlagen für die kooperative Entwicklungsplanung sind die Schaffung eines Ver­trauensverhältnisses zu einer Hauptbegleitperson und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe (partizipativer Ansatz). Ein Vertrauensverhältnis kann dann hergestellt werden, wenn Teil­nehmende sich bis zu einem gewissen Grad akzeptiert und wohl fühlen. Das ermöglicht es ihnen, sich zu öffnen und eigene Bedarfe, Ziele und Vorstellungen überhaupt erst zu äußern. Die Herstellung einer Vertrauensbasis und einer angenehmen Atmosphäre durch Beziehungs­arbeit ist eine entscheidende Basis, um gemeinsam Ziele der Begleitung und einen Coaching-„Auftrag“ zu erarbeiten. Die Kontaktdichte sollte angemessen hoch sein, ggf. mind. einmal pro Monat.

Coaching: Des Weiteren ist es wichtig, dass die Teilnehmenden (Bürgerinnen und Bürger im SGB II-Bezug) im Mittelpunkt eines ganzheitlichen Unterstützungsangebotes stehen. Nur mit einem solchen komplexen Herangehen kann auf die oft ausgeprägten multiplen Problemlagen von Langzeitleistungsbeziehenden reagiert werden. Auch dafür ist ein Vertrauensverhältnis wichtig, denn nur so werden Teilnehmende bereit sein, sich ihrer Hauptansprechperson in aller Offenheit und bzgl. all ihrer Probleme (insbesondere jener, die der Beschäftigungs­fähigkeit im Wege stehen) anzuvertrauen.

Es sollte nicht nur um die Nutzung von Angeboten gehen; förderlich ist auch ein Rahmen, der eine aktive Mitgestaltung gestattet (z. B. wurde in einem rehapro-Projekt durch Projekt­teilnehmende ein Café als Raum der Begegnung mit Vorträgen und praktischen Tipps mitge­staltet; u. a. wurden Themen für Vorträge ausgewählt und ein Tauschschrank durch sie eingerichtet und regelmäßig gefüllt und genutzt). Dadurch werden das Sich-aktiv-Einbringen, Selbstwirksamkeitserfahrungen und das Übernehmen von Verantwortung befördert. Das ist vor allem dann möglich, wenn von Potenzialen und nicht von Defiziten der Teilnehmenden ausgegangen wird.

Separate Räumlichkeiten außerhalb des auf Arbeitsvermittlung ausgerichteten Jobcenters werden von den Beteiligten vom Atmosphärischen her positiv wahrgenommen, da sie ihnen dabei helfen, eine andere, selbstbestimmt-aktive Rolle einzunehmen und Ängste vor Sanktio­nen abzulegen. Diese Form der Willkommenskultur mit ihren wertschätzenden Elementen ist nicht zu unterschätzen.

Ähnlich verhält es sich mit anderen Formaten der Kontaktaufnahme – wie aufsuchenden Ansätzen in Form von Hausbesuchen, walk & talk (z. T. wurden E-Bikes für eine gemeinsame Fahrradtour bereitgestellt[1]) genutzt, Video- und Telefonkontakten Begleitungen zu anderen Stellen etc. Außerdem fühlen sich Teilnehmende damit oft besser akzeptiert, insbesondere hinsichtlich einer Rücksichtnahme auf ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen (z. B: Phobien, Platzangst, Angst vor vielen Menschen etc.).

Als ein geeignetes Instrument zur Betreuung und Begleitung der Teilnehmenden haben sich Fallbesprechungen erwiesen. Sie finden in den rehapro-Projekten in unterschiedlichen Kon­stellationen statt: teamintern, zwischen Team und IFK/FM, zwischen Team und Projektpart­nerinnen und -partnern etc.

Nachbetreuung der Teilnehmenden hilft, den mit Verlassen des Projektes erreichten Status zu festigen.

Was muss verstanden werden?

  • Die Erfahrung lehrt – und das ist ebenfalls eine sehr wichtige Erkenntnis mit Blick auf Verstetigung: Es muss unbedingt eine Wohlfühlatmosphäre geschaffen werden, die vor allem den Teilnehmenden ggü. eine Wertschätzung und Akzeptanz (Teilnehmende so akzeptieren, wie sie/er ist) vermitteln. Nur so wird ein partizipatives Herangehen möglich werden.
  • Und man muss dem Entwicklungs- und Gestaltungsprozess Zeit
  • Außerdem ist es wichtig zu verstehen, dass sich Veränderungen in der Regel eher in kleinen Schritten Das muss akzeptiert werden. Das schafft letztlich Anschlussfähigkeit: So kann Stück für Stück ein immer stabiler werdender Grundstein für weitere Veränderungen und Erfolge in der Verbesserung der gesundheitlichen und Gesamtsituation der Menschen erreichbar sein.

In welcher Rolle sehen sich die Coaches?

Die Coachrolle muss zum eigenen Typ passen. Ein Coach muss bestimmte Eigenschaften mitbringen.

Es bedarf vor allem einer speziellen Grundhaltung der Coaches – insbesondere: Interesse an der Arbeit mit Menschen, empathische Grundhaltung; getragen von einem Paradigmen­wechsel in bislang sanktionsorientierten Institutionen.

Wenn Coaches systemisch beraten / begleiten sollen, dann benötigen sie eine entsprechende Qualifikation.

Folgende Fragen sind in Bezug auf Verstetigung noch offen oder ungelöst:

Wie lässt sich die Veränderungsbereitschaft von Teilnehmenden erkennen?

Diesbezüglich berichteten die Diskutierenden hierbei, ihrem „Bauchgefühl“ zu folgen. Ggf. geeignete Instrumente dafür waren offenbar nicht bekannt.

Wie lassen sich Diagnostik und Behandlung verbessern?

Es gibt Modellprojekte, in denen die Diagnostik ein großes Problem ist – entweder weil zu wenige Mittel für ärztliche Gutachten eingestellt wurden oder lange Wartezeiten in Kauf zu nehmen sind oder weil Gutachten wenig aussagekräftig sind. In diesen Fällen stehen die Projekte vor der Herausforderung, zielgerichtet und passgenau handeln zu können.

Als ein gutes und funktionierendes Beispiel wurde die Zusammenarbeit mit einer Honorarärztin vorgestellt, das aus Sicht des betreffenden Modellprojektes übernommen und als Drittanbieterin für das ganze JC dauerhaft eingebunden werden sollte. Die erarbeiteten Gutachten werden zudem vom Rententräger akzeptiert.

Insbesondere mit Blick auf die Zeit nach dem rehapro-Modellprojekt ist nach Möglichkeiten zu suchen, die als so wichtig empfundene Einbindung von medizinischer und psychologischer Exper­tise weiterhin zu gewährleisten. In der Diskussion wurde herausgearbeitet, dass die strikte Berück­sichtigung der gesundheitlichen Bedingungen ein Schlüssel für die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit der Zielgruppe ist. Außerdem ist es für den Erfolg wichtig, dass ein zeit­naher Zugang zu fachärztlicher Beratung / Behandlung erfolgt, insbesondere im psychologischen Bereich. Lange Wartezeiten, die als Privatperson oft auszuhalten sind, sollten möglichst vermieden werden.

Wie kann ein zielführendes Coaching in der Regelförderung etabliert werden?

Außerdem wird als wichtig empfunden, Coaching als partizipatives Miteinander aus den Mitteln und im Haus des Jobcenters anzubieten. Dazu gehört auch, dass ein solches Angebot im Haus gewertschätzt und gewürdigt wird. Gleichzeitig sollten im Rahmen der individuellen Begleitung Möglichkeiten für aufsuchende Arbeit und Gespräche außer Haus bestehen.

Um gut coachen zu können, wird nach Möglichkeiten gesucht die JC-Mitarbeitenden in systemi­schem Coaching zu qualifizieren sowie ihnen für die teils herausfordernde bis emotional belastende Arbeit (angesichts persönlicher Schicksale) eine regelmäßige Supervision anzubieten. Die (externe) Supervision ist insbesondere für die Wahrung einer professionellen Distanz zu den persönlichen Schicksalen und Anliegen der Teilnehmenden hilfreich bei einer gleichzeitig für den Coaching­prozess erforderlichen empathischen Grundhaltung.

Gesucht und gewünscht ist die Offenheit für einen breiten Kulturwandel in den Jobcentern über die rehapro-Modellprojekte hinaus sowie Zutrauen der Leitungsebene in die neuen Ansätze und wertvolle Arbeit auf Basis der gesammelten Erfahrungen. Als förderliche Bedingung wird eine Haltung gesehen, die Mitarbeitende an der Gestaltung des Jobcenters partizipieren lässt und zur Übernahme von Verantwortung ermutigt; unter anderem, indem sie eine Fehlerkultur und einen offenen, kritischen Austausch ermöglicht. Den Diskutierenden war wichtig, diesbezüglich weitere Erfahrungen sammeln und sich fachlich darüber austauschen zu können.

Wie müsste eine rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit gestaltet werden?

Bei dieser Frage sind sehr verschiedene Rechtskreise angesprochen – Gesundheit (SGB V), Renten (SGB VI), Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII). Hier hat sich bisher gezeigt, dass sich die Zusammen­arbeit oft als sehr schwierig erweist. Das scheint verschiedene Gründe zu haben: unterschiedlicher gesetzlicher Auftrag, unterschiedliche Systeme und Verfahren, unterschiedliche Qualifikationen und Sprache; hinzu kommen datenschutzrechtliche Fragen in der Zusammenarbeit. Dennoch steht die Frage der – vom Programm auch gewollten – konkreten Form der Verstetigung der Netzwerk­arbeit und der Übernahme ins Regelgeschäft im Raum.

Außerdem hat sich gezeigt, dass das Thema Gesundheitsförderung im Rahmen des SGB II an Grenzen stößt. Diesbezüglich ist derzeit noch unklar, wie sich das Thema stärker verankern lässt.

Wie kann das Thema Prävention verstärkt werden?

Hier zeigt sich, dass es noch zu wenige präventive Angebote gibt und diese zudem eher verhalten genutzt werden.

Wie kann die Verstetigung von rehapro im Jobcenter erfolgen?

Hier gilt es zunächst zu klären, ob die gesamte rehapro-Philosophie oder ausgewählte Teile über­nommen werden sollten. Ein Projekt hat in der Diskussion den Plan vorgestellt, dass im Ergebnis des Modellprojektes im Jobcenter ein eigener Bereich Gesundheitsförderung aufbaut werden soll (mit FM). Zentrale Argument, das dafürspricht: Sicherstellung des fachlichen Austausches zwischen den Fallmanagerinnen und Fallmanagern. Im Zuge eines Modellprojekts wurde zusammen mit den teilnehmenden ein Café eröffnet, welches auch erhalten bleiben soll!

Im Austausch mit Jobcentern sind folgende neue Ideen oder Lösungsansätze entwickelt worden:

Gemeinsam wurde die hoher Relevanz von Akzeptanz, Zutrauen und Ressourcenorientierung als Haltung und von wertschätzender und konstruktiver Kommunikation für gelingende Entwicklungs­prozesse auf mehreren Ebenen herausgearbeitet: sowohl zwischen den Mitarbeitenden des Jobcenters und den Bürgerinnen und Bürgern (Projektteilnehmenden), als auch zwischen Leitungs­ebene und Mitarbeitenden in den Jobcentern. Es gilt in den Jobcentern ein besseres Verständnis für die Zielgruppen (und deren teils existentielle Ängste und Nöte) zu entwickeln sowie Ermessens­spielräume für das Handeln auszuloten, zuzulassen und deren Chancen zu nutzen.

Für die Verbreitung und den Transfer der im Rahmen von rehapro-Modellvorhaben gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse innerhalb und außerhalb der Jobcenter wurde die Idee entwickelt, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren als Botschafterinnen und Botschafter der hier neu ent­wickelten Ansätze und Modelle zu gewinnen oder einzusetzen und diese in ihrer kommunikativ-vermittelnden Rolle zu unterstützen. Diese könnten einen Beitrag zur Schaffung eines Bewusstseins auf allen Ebenen der Jobcenter für sich neu eröffnende Möglichkeiten durch die im rehapro-Projekt entwickelte Art des Arbeitens mit den SGB II-Beziehenden leisten.

„WAS muss dafür gelingen? WIE kann es weitergehen?“

In der ersten Diskussionsrunde wurde diskutiert, was unbedingt verstetigt werden sollte. Darauf aufbauend konzentrierte sich die Diskussion im zweiten Teil auf die Gelingens­bedingungen.

Wie kann das rehapro-Projekt im Jobcenter selbst vermittelt werden?

  • Vermittlung sachlicher Informationen und Erfolge des rehapro-Ansatzes (Rolle von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren – s. o.)
  • Überwindung von hauseigenen Blockaden (und Ängsten anderer Mitarbeitenden im Jobcenter, entbehrlich zu werden) (aber wie?)
  • Argument: „Wir verschenken Euch unsere Arbeit!“

Welcher Verhaltensänderungen bedarf es?

  • Es braucht ein verändertes Bewusstsein auf allen Ebenen einschließlich der Offenheit von Führungsebenen für einen Kulturwandel. Das eröffnet eine neue Sicht auf Hilfebedürftige und gestattet ein neues Miteinander.
  • Es muss erkannt werden, dass gesetzliche Grundlagen auch Gestaltungsspielräume zulassen. Diese gilt es zu erkennen und zu nutzen.

Welcher Kompetenzen und Qualifikationen bedarf es?

  • Herz & Seele; Empathie
  • Herstellung eines kooperativen Miteinanders
  • Transparenter Umgang mit Konflikten
  • Wahrung einer professionellen Distanz (z. B. durch Supervision)
  • Anwendung systemischer Ansätze (systemisches Coaching)
  • Wie können die persönlichen Stärken der Fallmanagerinnen und Fallmanager besser genutzt werden?

Wie sollte sich Führung in diesen Prozess einbringen?

  • Soll der Paradigmenwechsel gelingen, bedarf es einer anderen Führungskultur; Füh­rungskräfte – angefangen bei der Geschäftsführung – haben Vorbildfunktion.
  • Dazu gehört auch ein anderer Führungsstil, der – bei Bedarf auch „von oben“ – verbindlich einzufordern ist: z. B. durch die Verpflichtung für Fachkräfte, neben Qualifizierungen zu fachlichen Fragen auch Schulungen zur Förderung von Haltungen zu absolvieren; entspr. Stellenbeschreibungen für Führungskräfte; bei Bewerbungs­gesprächen auch auf Haltung achten etc.
  • Aufgabe der Führungskräfte muss es sein, ihren Mitarbeitenden wertschätzend gegenüberzutreten.

Braucht es für den Paradigmenwechsel externer Unterstützung?

Diese Frage wurde eindeutig mit JA beantwortet.

Folgende Aspekte benötigen externer Unterstützung:

  • Kommunikation / Unterstützung eines strukturierten Erfahrungsaustausches
  • Qualifizierung für Mitarbeitende
  • Supervision für Mitarbeitende
  • Wissenschaftliche Begleitung – v. a. um hausinterne Veränderungsprozesse zu transportieren und den Prozess zu beschleunigen
  • Schaffung einer wertschätzender Führungskultur

Weitere zentrale Erkenntnisse:

  • Der Transfer und Bemühungen zur Verstetigung müssen bereits während des Projektes starten. Dazu bedarf es eines Konzeptes!
  • Dabei spielt die externe Begleitung / Evaluation eine wichtige Rolle:
    • Daten zu Ergebnissen und Erkenntnissen werden aufbereitet und vermittelt (Wissenschaftlichkeit und Unabhängigkeit)
    • Vermittlung innerhalb der Jobcenter (inkl. Führungsebene) und in Richtung Politik.

[1]     Insbesondere in eher ländlich strukturierten Regionen ist neben aufsuchender Arbeit oft auch Mobilitäts-förderung ein wichtiges Thema.

Teil 1: WAS ist es wert, verstetigt zu werden und WARUM?

Kurzbeiträge aus den Projekten

Welche Netzwerke / Kooperationen?

  • Vertiefung der Zusammenarbeit mit ärztlichem Dienstag
  • Food-Sharing-Initiativen: Ernährungsberatungen
  • Kliniken
  • Telefonische Fallbesprechung mit ÄD / Psych.Dienst / Honorarärztin auf dem Flur
  • Kooperation mit VHS
  • EUTB + UPD: Fachperspektive reinholen
  • Gute Kooperation mit dem Gesundheitsamt
  • Persönliches Kennenlernen von Partnern, um Skepsis ggü. Jobcenter abzubauen
  • Gemeinsam mit TN zu Initiativen / Vereinen / Angeboten gehen

Was bewährt sich?

  • Unterstützung finden für Akutfälle (z.B. SPDi) und tagesstrukturierende Angebote
  • Kooperationsgespräche zur strukturellen Zusammenarbeit mit politischen Partnern
  • Zusammenarbeit mit DRV: Kliniken stellen vor, wie Anträge auf medizinische Reha vereinfacht/ unterstützt werden können
  • Perspektive: welche Anbindung brauchen TN für Zeit nach dem Projekt?
  • Rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit: es braucht substantielle Auftragsklärung
  • Psychiatriekoordination „im Boot“ -> Basis für weitere Kooperation
  • Anbindung an Vereine oder niederschwelligen Beschäftigung

Was fehlt?

  • Krankenkassen „nicht ins Boot zu bekommen“
  • Unterangebot Psychotherapie
  • Wie finden TN Wege zu Vereinen / Selbsthilfegruppen? Große Scheu
  • Angebote finden, die sozial und emotional stabilisierend wirken; ambulantes Versorgungsnetz
  • Echte rechtskreisübergreifende Kooperation zwischen SGB II und SGB VIII
  • Bei aufsuchender Arbeit mit BG: „Alle Hilfesysteme in eine Richtung lenken“
  • Datenschutz akteursübergreifend
  • Klärung: Aufgaben und Aufträge im Rahmen von Kinderschutz -> projekteigene Koopera­ti­ons­vereinbarung im Kinderschutz
  • Es braucht Betreuungsstrukturen mit niedrigem Fallschlüssel, um Netzwerkarbeit zu leisten

Teil 2: WAS muss im Hinblick auf Verstetigung gelingen? WIE kann es weitergehen?

Welche Ideen / Ansätze zur Verstetigung entfachen bei Ihnen eine besondere Energie?

  • So viel Fachexpertise durch Kooperation ins Projekt holen wie möglich
  • Wie entstehen „neue Teams“ mit verschiedenen Professionen / interdisziplinäre Teams?
  • Kooperation braucht Vertrauen
  • Netzwerk aufbauen, das langfristig trägt
  • Wenn die Klienten gerne ins JC kommen

Welche Risiken? -> Umwandlung in Chancen

  • Personelle Kontinuität (bezüglich Vertrauensebene)
  • Rehapro kompensiert Defizite im System, aber: was passiert nach Rehapro?
  • Projektcharakter Rehapro bedingt, dass Angebote am Projektende ggf. nicht mehr fortgeführt werden
  • Kürzung von Mitteln für Maßnahmen, gleichzeitig Arbeitsfähigkeit wichtiger denn je (demographischer Wandel)
  • Nicht angebotsgetrieben, sondern bedarfsgetrieben
  • Verzahnung SGB II und SGB IX, „Denken in Budgettöpfen“ verhindert personenzentriertes Vorgehen -> Personenbezogene Budgets statt rechtskreisbezogene Budgets
  • Träger identifizieren Bedarfe der Klienten und melden diese an JC, Maßnahmeplanung

Was muss geklärt werden?

  • Wie entstehen neue Formen der Zusammenarbeit zwischen JC und Trägern?
  • Wie arbeiten künftig Mitarbeitende aus JC und JA zusammen?
  • Wie kann man Haltungen verändern (zwischen JC und Trägern)?
  • Offenheit und Innovation trifft auf Etabliertes/ Sicherheitsorientiertes
  • Inwiefern ist rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit gewollt?
  • Erhöhung von Beschäftigungsfähigkeit: Worauf zahlt das ein? Erfolgskriterien im JC?
  • „Personalschlüssel der Zukunft“: Kooperation braucht Zeit
  • Welche Antworten kann Rehapro liefern in Bezug auf Zusammenarbeit zwischen JC und Träger / Veränderungsmaßnahmen?

Wen brauchen wir intern / extern ?

  • Erkenntnisse aus Rehapro müssen auf politische Ebene: Kommune, Land, Bund

Was soll konkret in Angriff genommen werden?

  • „Räume“ schaffen, sich informell zu treffen und kennenzulernen => Teambildung
  • „Freiheit“ der Vergabe in Rehapro vs. Reguläre Vergabepraxis SGB II
  • Wegkommen von „meine“ und „deine“ Themen / Klienten
  • Kompetenzen der PAPs im Bereich Gesundheit erhöhen

Teil 1: WAS ist es wert, verstetigt zu werden und WARUM?

Worin besteht Gesundheitsförderung in Rehapro und welche Aspekte sind es wert, verstetigt zu werden?

  • Neuer Ansatz innerhalb des Jobcenters: Erkennen des individuellen Bedarfs der Bürger*innen durch ganzheitlichen Zugang:
    • Haltung, nach der weniger die Vermittlung, als der Mensch im Vordergrund steht
    • Mehr Zeit für Bürger*innen und dialogische Haltung
    • Zentral: Weitgefasster/ganzheitlicher Gesundheitsbegriff im Sinne der WHO
    • Gesundheitsförderung wird durch individuelle Leistung und Freiwilligkeit gewährleistet
  • Geringer Betreuungsschlüssel:
    • Ermöglicht ganzheitliche Betreuung nach individuellem Bedarf der Bürger*innen; Stetige und individuell zugeschnittene Betreuung
    • Schafft Vertrauen
    • Durch Vertrauensaufbau können Problemlagen der Bürger*innen erkannt und bearbeitet werden
    • Service-Orientierung: Bürger*innen-nahe und bedarfsgerechte Betreuung
  • Zentrale Rolle der Gesundheitsförderung durch Rehapro in den Jobcentern
    • Thema war bisher eher randständig und hat durch Rehapro an Bedeutung gewonnen
  • Gesundheitsförderung beginnt bei der Gewährleistung eines Sicherheitsgefühls der Bürger*innen; psychische Sorgen der Bürger*innen müssen berücksichtigt werden
  • Zentrale*r Ansprechpartner*in durch „Team Gesundheit“
  • Supervisionen
  • Netzwerkarbeit, Kooperationen und interdisziplinäre Zusammenarbeit
  • Eigene Räumlichkeiten innerhalb des Jobcenters erhöhen Sicherheitsgefühl der Bürger*innen
  • Beratungsstruktur, die auf Case Management ausgerichtet ist ermöglicht Beziehungs- und Vertrauensaufbau mit und zu den Bürger*innen
  • Ressourcenverschiebung innerhalb des Jobcenters: Mehr Zeit bei den IFK, damit diese die Probleme der Bürger*innen besser erkennen
  • Gesundheitsförderung beinhaltet zwei Bereiche: Rehabilitation und Prävention
    • Prävention durch durchschnittlich schlechten Gesundheitszustand der Bürger*innen schwierig
    • Gesundheitsförderung wird durch Reha/SB gewährleistet
  • Positiver Effekt des GKV-Projekts: Gutschein-System ermöglicht den Bürger*innen die Nutzung verschiedener Angebote

Welche Schwierigkeiten gibt es bei der Umsetzung der Gesundheitsförderung bisher?

  • Geringe Anerkennung für das Thema Gesundheit im Jobcenter; Thema Gesundheitsförderung ist bisher randständig, da Fokus eher auf Vermittlung/Integrationszahlen liegt
    • Fokus bisher zu 80% auf Integration in Arbeit und zu 20% auf Gesundheit
    • Anerkennungsarbeit ist wichtig
  • Teilweise mangelhaftes Bewusstsein für Krankheitsbilder (im Jobcenter); vor allem für psychische Erkrankungen und Depressionen
  • Zusammenarbeit mit den Krankenkassen
  • Schwierigkeiten der Abgrenzung von SGB V und SGB II; viele Maßnahmen fallen ins SGB V

Teil 2: WAS muss dafür gelingen? WIE kann es weitergehen?

Was muss dafür gelingen?

Tools

  • Mehr Casemanagement
  • Werkzeugkasten für individuelle Beratung und Bedarfe (Anamnese, BMI-Messung; Wegweiser-Tool/Assessment; Rundum-Bild über Bürger*innen zur Erarbeitung von Handlungsoptionen)
  • Gutscheine für Gesundheitsförderung
  • Individuelle Kursangebote (Achtsamkeitstraining, Waldspaziergang, Ernährungskurse etc.)
  • Mobile Instrumente z.B. für Walk & Talk
  • Auswahl der Tools für Coaches erleichtern
  • Umfassendes „360 Grad“-Vorgespräch im Sinne eines AVGS
  • Arbeitgeber*innen-Bürger*innen-Börse als Zugang zum AG
  • Geteiltes Tool der Netzwerkpartner zur Einsicht, wo der/die Bürger*in aktuell steht
  • Geringe Zugangshürden
  • Verbessertes Ambiente in Beratungsräumen
  • Kennziffern für soziale Teilhabe entwickeln; Erfolge messbar machen

Netzwerk

  • Interdisziplinäre Arbeit
  • Psycholog*in/Ärzt*in im Team
  • Kompetenzbündelung über Dienstleister hat Arbeitsteilung und verschiedene Perspektiven für Bürger*innen zur Konsequenz
  • Weiterbildung der IFK
  • IFD, Suchtberatung und Schuldnerberatung als operative Partner
  • Einbindung des AGS
  • Lotsen als Multiplikator*innen der Geschäftsbereiche
  • Verweisberatung durch Netzwerkordner/Netzwerkarte
  • Netzwerktreffen
  • Internes Netzwerk (Sensibilisierung und Schulungen innerhalb des Jobcenters, Erkennen psychischer Erkrankungen, Austausch der Fälle)
  • Rechtskreisübergreifendes Denken um Leistungen zu bündeln

Ressourcen

  • Veränderter Betreuungsschlüssel im Verhältnis 1:35
  • Neues Verständnis von Beschäftigungsfähigkeit; verbesserte Messbarkeit von Arbeitsunfähigkeit
  • Betreuungsschlüssel im Bereich der Gesundheitsförderung realisieren
  • Resilienzförderung der Coaches
  • Bündelung der Kompetenz als Fachteam; bspw. als „Team Gesundheit“
    • Gewisse Anzahl von Mitarbeiter*innen im Jobcenter notwendig
  • Freiwilligkeit vs. „Betreuungszwang“
  • Mobilität über 49€-Ticket sichern

Wie kann es gelingen?

  • Zentraler Aspekt der Transformation ist die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels durch ein verändertes Mindset, das individuelle Betreuung der Bürger*innen ermöglicht
  • Mobilitätslösungen durch 49€-Ticket
  • Rechtskreisübergreifende Bündelung durch stärkere Steuerung von „oben“
  • Spezialisiertes Gesundheits-Coaching innerhalb des Bürgergeldes
  • Angepasste Rahmenbedingungen: Versäulung aufbrechen
  • Persönliche Beziehungen an den jeweiligen Stellen zur besseren Übertragung
  • Vor allem das Coaching des Bürgergelds bietet Chancen, die tatsächliche Umsetzung ist aber maßgeblich
  • Problem der Durchsetzung von Bundesagentur, BMAS und Jobcenter: Paradigmenwechsel muss auch gelebt werden
  • Fokus muss seitens Gesetzgeber weniger auf finanzielle Aspekte gelegt werden
  • Abschaffung der Mindestanzahl an Beratungen; führen nicht zwangsläufig zu Erfolg

Der Austausch unter den anwesenden Leitungskräften aus insgesamt zehn an Modellvorhaben rehapro beteiligten Jobcentern sollte dem offenen, intern gehaltenen Austausch untereinander dienen. Daher ist keine detailliertere Dokumentation vorgesehen.

Die Anwesenden repräsentieren die Bandbreite aller Jobcenter in Deutschland recht gut: (große) Großstädte, Jobcenter gE und zkT, Landkreise mit kommunalen Jobcentern und Jobcenter gE, Jobcenter aus dem Osten – Westen – Süden und Norden; die beteiligten Leitungspersonen sind sowohl auf Geschäftsführungs- wie Bereichs- oder Standortleitungsebene tätig.

Die Diskussionsthemen konnten frei gewählt werden und wurden zu Beginn eingesammelt. Die Moderation durch den Forschungsverbund unterstützte den Austausch zurückhaltend und griff nicht inhaltlich lenkend ein.

Die Vorstellungsrunde ergab auf der persönlichen Ebene das Bild, die Tätigkeit in einem Jobcenter ist attraktiv, da auch über viele Jahre abwechslungsreich, mit sich verändernden Anforderungen und Akteuren, Weiterentwicklungsmöglichkeiten und in einem thematischen Feld angesiedelt, das auf Unterstützung von Menschen ausgerichtet ist.

Themen zu denen ein Austausch stattfand waren:

  • Einführungsaktivitäten und Prozessgestaltung Bürgergeldgesetz auf Ebene der Jobcenter (organisatorisch, Befähigung Mitarbeitende, Einbezug Mitarbeitende in die Vorbereitung auch über thematische Arbeitsgruppen für veränderte Verfahrensweisen)
  • Damit verbunden ging es um die Bestätigung, Veränderung und Entwicklung einer gemeinsamen Haltung unter den Mitarbeitenden in den Jobcentern.
    • In vielen Beiträgen wurde betont, dass die mit dem Bürgergeldgesetz verbundene veränderte Haltung bereits seit Jahren Praxis (u.a. auch im Leistungsbereich) in der Zusammenarbeit mit den auf Unterstützung angewiesenen Menschen war (soweit wie möglich), dass dies aber nunmehr durch das neue Gesetz legitimiert wird und dadurch anders gefestigt werden kann.
  • Zum Thema Schlichtungsverfahren gibt es in manchen Jobcentern intensivere Vorbereitungen durch Erarbeitung von Ablaufkonzepten; einig war sich die Runde aber darin, dass das Thema in der Praxis eher marginal ausfallen werde, da der Kooperationsplan von seiner Anlage her eher keinen Anlass für Schlichtungen bieten werde. Zudem würde angestrebt, durch die nunmehr geforderte andere Haltung erst gar keine „Schlichtungsfälle“ aufkommen zu lassen. Insgesamt entstand der Eindruck, es gibt Vorbereitungen auf die Einführung eines Schlichtungsverfahrens, das Thema hat aber insgesamt eher eine Randbedeutung.
  • Thema Digitalisierung: Hier entspann sich ein intensiverer, praktisch angelegter Austausch, u.a. mit einer ausführlicheren Darstellung der Praxis im Jobcenter Düsseldorf. Teilaspekte der Diskussion bezogen sich auf den Wegfall der physischen Eingangszone, andere Hilfestellungsansätze bei Beantragung von Leistungen und Zusammenarbeit von Jobcenter und Bürger*innen. Homeoffice, mobiles Arbeiten, Desksharing waren u.a. Stichworte der Diskussion interner Arbeitsorganisation. Lösungswege für die digitale Antragstellung und Kommunikation (u.a. Entwicklung eigener individueller Apps, aber auch das Beschreiten verschiedener Social media-Kanäle als Jobcenter) bildeten einen weiteren Gegenstand des Austauschs.
    • Für die Erhöhung auch der digitalen Erreichbarkeit durch alle Bürger*innen sind Jobcenter auch auf Netzwerkpartnerorganisationen angewiesen; bspw. Arbeitslosen und Sozialberatungen, die Menschen bei digitaler Kommunikation unterstützen; diese könnten auch einen Beitrag leisten, dass Jobcenter ihre knappen Ressourcen stärker auf Augenhöhe ausrichten können.
    • Zweite „Erkenntnis“. Die Veränderungen müssen sehr frühzeitig begonnen werden und gehen rascher voran. Daher ist nicht die Zeit vorhanden, auf zentrale Lösungen für alle gE-Jobcenter etwa zu warten, sondern es müssen eigene Wege beschritten werden.
  • Alle anwesenden Jobcenter interessierten sich für einen Austausch über die weitergehenden Perspektiven der Modellprojekte, den Übergang in das Regelgeschäft oder wie es auf einer Karte formuliert war: „Was können wir retten?“. Allererste Überlegungen, etwa zur Fortführung extern angemieteter Räumlichkeiten für ein Gesundheitshaus und den damit verbundenen Kostendimensionen (bspw. Jahresmieten und weitere Sachkosten) oder zur Beibehaltung angemessener und in den Modellvorhaben wirksamer Betreuungsschlüssel von 1 : 12 bis 1 : 30 führten im Austausch immer wieder auf die viel zu engen Budgetgrenzen im SGB II (in 2023 faktisch gegenüber dem Vorjahr sinkend; einzelne Jobcenter berichteten davon, mehrere Millionen Euro weniger zur Verfügung zu haben), die ein wirklich wirksame Arbeit durch Neuorganisation intern im Jobcenter weitgehend unterbinden.
    • Der Eindruck für die Moderation entstand, dass die Realität der Verwaltungshaushalte und Eingliederungsbudgets eher die kreative Lösungsfindung unterbindet.
  • Ein weiteres Austauschinteresse: Integrationsfortschritte abbilden bzw. das Spannungsverhältnis zwischen bisherigen in vielen Fällen nicht direkt zu erreichender Zieldimensionen und der Abbildung tatsächlich erreichter Teilhabe wurde mit Blick auf den Exkurs am Nachmittag zur Messung von Beschäftigungsfähigkeit verschoben.

Stichworte aus der Diskussion zu Erfolgsfaktoren (aus den Modellvorhaben rehapro) für eine gelingende Arbeit mit den Bürger*innen:

  • „Umbau“ des Fallmanagements in Richtung Gesundheit
  • Externe Räume – neutraler Boden – Gesundheitshaus ist ein Erfolgsfaktor (hier berichtete der Kollege des JC Ostholstein von den dortigen Bemühungen, über ein Management mit Homeoffice/mobiler Arbeit, Raumverpflichtungen einzusparen und diese Einsparungen umzulenken in die Gewinnung neutraler Räumlichkeiten für ein Gesundheitshaus)
  • (mindestens) 50% aller bisheriger Kund*innen haben mit und ohne Rehabedarf intensiv zu bearbeitende Gesundheitsthemen
  • Netzwerkarbeit: verbindliche Partner finden und halten
  • Kommunale Beteiligung und Kooperation beim Thema Gesundheitsunterstützung notwendig

AG 1: Kooperative Entwicklungsplanung und individuelle Begleitung

Diskussion im Plenum – Fragen und Anmerkungen:

  • Wie kann perspektivisch eine Verstetigung aussehen?

  •  Personal/Fachkräfte stehen jetzt im Projekt zur Verfügung, aber was kann die dauerhafte Lösung sein, wenn das Projekt ausläuft – Welche Verstetigung braucht welche Ressourcen, Gelder, die von der Leitung eines Jobcenters mitgedacht und bereit gestellt werden müssen?
  • Es braucht einen Mentalitätswandel, einen Paradigmenwechsel: Das ist eine Aufgabe, die über Wissen, Kompetenzen und eine gewisse Haltung stattfindet, das kostet nicht viel. Diese Veränderung muss intern im Jobcenter weitergegeben und bei den Kräften vor Ort manifestiert werden.
  • Skepsis dazu: Dieser Anspruch des Mentalitätswandels trifft auf Kolleg:innen mit hohen Fallzahlen, die bedient werden müssen. Welche Lösungsansätze gibt es dafür?
  • Im Jobcenter Halle bieten Psychologinnen eine Qualifizierung für Fachkräfte im Jobcenter an. Diese wird von einigen sehr positiv angenommen.
  • Weiteres Beispiel aus der Praxis: In Leipzig werden Schulungen zu „Haltung“ angeboten. Es geht um: Wozu sind wir da? Was ist unsere Aufgabe? Wo grenzen wir uns ab? Die Schulung wurde durch den berufspsychologischen Service angeboten.
  • Frage: Reicht es, Schulungen durchzuführen? Frage: Was geht innerhalb der Grenzen eines Jobcenters?
  • Plädoyer: Sich nicht zu viel Zeit lassen, um von „ich verwalte meine Fälle“ hin zu „ich arbeite mit den Menschen, für die ich eigentlich da bin“ zu kommen. Ein Großteil der Mitarbeitenden hat den Wunsch, anders zu arbeiten. Um das zu unterstützen, kann man Ressourcen und Rahmenbedingungen ändern.
  • Welche Rahmenbedingungen das sein können, ist schwierig zu beantworten. Ein Detail, wie Veränderungen in den Prozessen den Wandel unterstützen könnten: Statt Einladungsmails an den Klienten bzw. die Klientin zu senden, sollte die Person direkt (telefonisch) kontaktiert werden, um einen Termin zu vereinbaren. Diese Vorgehensweise entspricht einer Haltung „auf Augenhöhe“.
  • Als Beispiel für veränderte Rahmenbedingungen dient auch das Thema aufsuchende Arbeit: Häufig wird angenommen, dass hierfür sehr viel Zeit veranschlagt werden muss. Im Jobcenter Ortenaukreis gab es noch nie die Situation, dass Gesundheitscoaches zum Klienten bzw. zur Klientin gefahren sind und diese nicht angetroffen haben.
  • Anmerkung: Das Bewusstsein, dass durch direktive Einladungen Zeit verschwendet wird und dass es andere Formen der Ansprache braucht, ist bereits in der Breite angekommen.

AG 2: Netzwerkarbeit und systematische Kooperation

Projekte: PROGES, V-I-T, Gesundheit4PunktZukunft

Wir bieten:

  • Netzwerk aufbauen, das langfristig trägt
  • Persönliches Kennenlernen von Partnern, um Skepsis ggü. Jobcentern abzubauen
  • Gemeinsam mit TN zu Initiativen / Vereinen / Angeboten gehen
  • Kooperationsgespräche zur strukturellen Zusammenarbeit mit politischen Partnern
  • Zusammenarbeit mit DRV: Kliniken vorstellen, wie Anträge auf medizinische Reha vereinfacht/ unterstützt werden können
  • Perspektive: welche Anbindung brauchen TN für Zeit nach dem Projekt?
  • Anbindung an Vereine der niederschwelligen Beschäftigung
  • Unterstützung finden für Akutfällt (z.B. SPDi) und tagesstrukturierende Angebote

Beispiele:

  • EUTB + UPD: Fachperspektive reinholen
  • Gute Kooperation mit Gesundheitsamt, Kliniken
  • Vertiefung der Zusammenarbeit mit ärztlichem Dienst
  • Kooperation mit VHS
  • Telefonische Fallbesprechung mit ÄD / Psych. Dienst / Honorarärztin auf dem Flur
  • Food-Sharing-Initiativen: Ernährungsberatungen
  • Psychiatriekoordination „Im Boot“, Basis für weitere Kooperation

Wir suchen:

  • Erhöhung von Beschäftigungsfähigkeit: Wo­rauf zahlt das ein? Erfolgskriterien im JC ?
  • Wie entstehen neue Formen der Zusammenarbeit zwischen JC und Trägern
  • Welche Antworten kann Rehapro liefern in Bezug auf Zusammenarbeit JC – Trägern / Veränderungsmaßnahmen?
  • Wie arbeiten künftig MA aus JC und JA zusammen?
  • Wie kann man Haltungen verändern (zwischen JC und Trägern)?
  • Offenheit und Innovation trifft auf Etabliertes/ Sicherheitsorientiertes
  • Inwiefern ist rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit gewollt?
  • „Freiheit“ der Vergabe in Rehapro vs. reguläre Vergabepraxis SGB II
  • Nicht angebotsgetrieben, sondern bedarfsgetrieben
  • Personenbezogene Budgets statt rechtskreisbezogene Budget
  • Verzahnung SGB II und SGB IX, „Denken in Budgettöpfen“ verhindert personenzentriertes Vorgehen
  • Krankenkassen „nicht ins Boot zu bekommen“
  • Wie finden TN Wege zu Vereinen und Selbsthilfegruppen? Große Scheu

Wir gehen gemeinsam:

  • Wie entstehen „neue Teams“ mit verschiedenen Professionen / interdisziplinäres Team?
  • Wegkommen von „meine“ und „deine“ Themen/ Klienten
  • Erkenntnisse aus rehapro müssen auf politischer Ebene: Kommune, Land, Bund
  • „Personalschlüssel der Zukunft“: Kooperation braucht Zeit
  • Kompetenzen der PAPs im Bereich Gesundheit erhöhen
  • Wenn die Klienten gerne ins JC kommen

Diskussion im Plenum – Fragen und Anmerkungen:

  • Beispiel wird erläutert: Kunde wurde ins Projekt aufgenommen und fragt: „Das kann alles das Jobcenter?“ Der Kunde war beeindruckt und es war schön, zu erleben, was Jobcenter leisten können. Es wäre toll, wenn das von rehapro „überleben würde“.
  • Solche Geschichten sind eine Möglichkeit, den Paradigmenwechsel zu begleiten. Es gäbe die Möglichkeit, über social media solche Geschichten zu publizieren („Jobcenter goes facebook“).
  • Es zeigt sich, dass bestimmte Themen in allen Arbeitsgruppen auftauchen. Das zeigt die Dringlichkeiten auf und zeigt auch die Zusammenhänge und wo man ansetzen muss.
  • Im Themenfeld I und II stellte sich die Frage: Wer entwickelt Maßnahmen-Ausschreibungen aufgrund von welcher Bedarfserhebung? Was brauchen die Kund:innen wirklich? Daher ist eine Adressatenbeteiligung essentiell.
  • Beispiel, um an den Meinungen/Interessen der Kund:innen anzuknüpfen: In Köln wurde ein Kund:innenbeirat ins Leben gerufen, in dem unterschiedliche Altersstufen, Zielgruppen etc. abgebildet sind.

AG 3: Verankerung von Gesundheitsförderung im Jobcenter

Diskussion im Plenum – Fragen und Anmerkungen

  • Ergänzung aus der Arbeitsgruppe: Wichtig ist die „Dialogische Haltung“, d.h. Arbeiten auf Augenhöhe. Das ist Voraussetzung, um die Menschen zu erreichen.
  • Frage: Was ist mit „Abgrenzung SGB II und V“ gemeint? Das heißt: Die Versäulung soll aufgebrochen werden.
  • Hemmfaktor im Jobcenter: Software, die Erfolge unterhalb einer Vermittlung nicht abbildet.
  • Strukturen werden manifestiert durch gesetzliche Regelungen und Vorgaben. Beispiel: Die Rentenversicherung Hessen ist noch nicht digitalisiert, es fehlen Teilhabepläne. Das sind äußerliche widrige Umstände. Auf konzeptionellen Treffen werden Kooperationen und Veränderungen im täglichen Arbeiten zwar begrüßt, aber es reicht nicht in die operative Umsetzung hinein.

AG 4: Leitungsrunde

Im Plenum wurde knapp berichtet, dass sich die zehn Leitungspersonen aus den anwesenden Jobcentern über selbstgenannte aktuelle Schwerpunktthemen ausgetauscht haben. Der Raum am Vormittag konnte für offene Gespräche und Inspirationen hinsichtlich aktueller Entwicklungen und Berührungspunkte der Bürgergeldgesetzreform mit den Modellvorhaben rehapro genutzt werden.

Themen über die gesprochen wurde:

  • Prozessgestaltung Bürgergeldgesetz auf Ebene der Jobcenter,
  • Entwicklung von Haltung,
  • Schlichtungsverfahren als Randthema,
  • Digitalisierung und weitere Veränderungsbedarfe lassen keine Zeit um auf zentrale Lösungen für alle gE-Jobcenter zu warten,
  • interne und externe Räume,
  • Wie gelingt es, Integrationsfortschritte abzubilden?

Auch die thematisierten Erfolgsfaktoren aus den Modellvorhaben rehapro für eine gelingende Arbeit mit den Bürger*innen, wurden auf Nachfrage aus dem Publikum im Plenum benannt.

In vielen Beiträgen wurde betont, dass die mit dem Bürgergeldgesetz verbundene veränderte Haltung bereits seit Jahren ihren Weg in die Praxis gefunden hat. In Rehapro spielt sie in der Zusammenarbeit mit den auf Unterstützung angewiesenen Menschen bereits eine große Rolle, aber auch in vielen anderen Bereichen bis hin zur Leistungsabteilung. Dies wird nunmehr durch das neue Gesetz legitimiert und kann dadurch anders gefestigt werden.

Alle anwesenden Jobcenter interessierten sich für einen Austausch über die weitergehenden Perspektiven der Modellprojekte, den Übergang in das Regelgeschäft oder wie es auf einer Karte formuliert war: „Was können wir retten?“.

Diskussion im Plenum – Fragen und Anmerkungen:

  • Thema aus der Gruppenarbeit mit der Leitungsrunde: Wie kann man Dinge verstetigen? Zentrale Frage: Was kann ein Jobcenter NICHT alleine? Wichtig ist, von Anfang an Netzwerkarbeit mitzudenken. Ein Jobcenter muss sagen „Wir brauchen eure Unterstützung“ und muss auf diese Stellen zugehen, auch wenn das nicht mit einem Budget abgedeckt ist.
  • [Bezug blaue Kärtchen aus der Leitungsrunde] Die Leitungsrunde macht sich Gedanken bzgl. Fortführung und konkreter Gestaltung (z.B. Gesundheitszentrum, Raumgestaltung, neutraler Boden). Aber es stellen sich noch viele Fragen bzgl. Umsetzbarkeit.
  • Es wird deutlich: Nahezu alle im SGB II brauchen Unterstützung im Bereich Gesundheit. Aber: Wie soll das künftig im Jobcenter aufgegriffen werden? Was ist finanzierbar?
  • Rückmeldung aus der Leitungsrunde: Es ist wichtig, Budgets so zu gestalten, dass eine Verstetigung möglich ist.
  • Es muss möglich sein, dem Jobcenter positive Effekte durch „Arbeit an Gesundheit“ zuschreiben zu können.
  • Es wird über Lösungsmöglichkeiten nachgedacht, auch in finanzieller Hinsicht. Der erforderliche Paradigmenwechsel und erste Ideen dazu wurden benannt.
  • Frage: 2017 hat das IAB bereits ähnliche Ergebnisse veröffentlicht, wie wir sie heute diskutiert haben. Wie bekommen wir die Erkenntnisse in die Umsetzung? Wissenschaftliche Begleitung kann eine systematische Aufbereitung und die Herstellung inhaltlicher Zusammenhänge anbieten. Das kann wiederum in eine kommunizierbare Strategie müden, die an politische Stellen weitergegeben wird. Die hier beteiligten Institute der wissenschaftlichen Begleitung bündeln die Erkenntnisse regelmäßig und können sie für die Partner systematisch aufbereiten.
  • Idee: weiteres Vernetzungstreffen unter Einbindung der politischen Entscheidungsebene

Perspektiven SGB II: Beschäftigungsfähigkeit messbar machen – geht das? Ein Impuls aus rehapro + weiteren Projekten / Programmen

  • Wie beim letzten Mal werden die dokumentierten Ergebnisse auf dieser Webseite zugänglich gemacht.
  • Einhellig werden Inhalt und Form des Fachforums als fruchtbar und nützlich bewertet.
  • Eine Fortführung in ähnlicher Form am gleichen Ort trifft auf hohen Zuspruch.
    Inhaltlich wird der Wunsch geäußert, dann auch wieder auf Modellvorhaben bzw. Vertretungen aus Jobcentern zu treffen, deren Modellvorhaben (der 1. Förderwelle) dann schon beendet worden sind. Spannend wäre es, zu erfahren was in welcher Art und Weise tatsächlich in der jeweiligen Jobcenterpraxis aufgegriffen, fortgeführt, transferiert werden konnte.
  • Unterstützung findet auch der Vorschlag, das BMAS, namentlich Staatssekretär Dr. Schmachtenberg (sowie das zuständige Fachreferat und weitere wichtige Akteure des Bundesprogramms rehapro und möglicherweise auch Bundesfachpolitik) zum Spätsommer / Frühherbst 2023 einzuladen zum Thema: Verstetigung – Transfer positiver Erkenntnisse in die Praxis der Jobcenterarbeit ausgehend von den bereits vorliegenden Erkenntnissen.
  • Es wird der Wunsch geäußert, dabei auch auf qualitative Ergebnisse neben quantitativen Ergebnissen zu achten.
  • Der Forschungsverbund rehapro nimmt dies als Auftrag mit, zu versuchen, eine solche Veranstaltung zu organisieren. Intern wird zeitnah beraten werden, wie eine solche Veranstaltung aussehen könnte.

Die vorliegende Dokumentation beinhaltet die Präsentationen sowie Mitschriften der wissenschaftlichen Begleitung zu den diskutierten Themen. Bitte geben Sie uns über untenstehendes Formular Rückmeldung, wenn die Seite Informationen enthält, die korrigiert werden sollten. Herzlichen Dank!