Fachforum
„Jobcenter der Zukunft I“

15. Juni 2022, 8:30-16:00 Uhr

Seit zwei Jahren arbeiten wir im Forschungsverbund rehapro zusammen, tauschen uns untereinander fachlich aus und denken, wo möglich, bei Erhebungen und Untersuchungsansätzen zusammen. Dieser Forschungsverbund besteht aus den folgenden Partnern:

  • Lawaetz-Stiftung Hamburg (Gastgeberin des Forums)
  • Institut für sozialpädagogische Forschung – ism – Mainz
  • Institut für Technologie und Arbeit – ITA – Kaiserslautern
  • Institut für Sozialökonomische Strukturanalysen – SÖSTRA – Berlin

Nun konnten wir mit unserem ersten Fachforum einen überschaubaren und „geschützten“ Rahmen etablieren, in dem sich Projektleitungen, Leitungen wichtiger Akteure und Leitungen der beteiligten Jobcenter offen und vorbehaltlos zu Themen rund um die Modellvorhaben rehapro, die von diesen Forschungspartnern begleitet werden, austauschen und gegenseitig befruchten konnten.

Die vorliegende Dokumentation beinhaltet die Präsentationen aller Teilnehmenden sowie Mitschriften der wissenschaftlichen Begleitung zu den diskutierten Themen. Im Nachgang ist die Entwurfsfassung an alle Teilnehmenden gegangen. Rückmeldungen wurden eingearbeitet, und alle Teilnehmenden sind über die finale Fassung informiert worden. 

Dokumentation

Willkommen

  • Willkommen durch Peer Gillner (Lawaetz Stiftung) [Präsentation herunterladen]
  • Einführung in den Tag: Michael Seligmann und Vanessa Kubek (u.a. mit herzlichem Dank vorab an die Lawaetz-Stiftung für die Räumlichkeiten und das Catering)
    • Ziel des heutigen Tages:
    • In einem „geschützten“ und überschaubaren Rahmen, vorbehaltlos austauschen und in Diskussion gehen, Kontakte knüpfen und vertraut werden.
    • Diese Veranstaltung wird als Auftakt begriffen, sich kennen zu lernen, Anregungen mitzunehmen und in einem wirklichen Austauschmiteinander zu kommen.
    • Das alles mit der Perspektive des Transfers aus den Modellprojekten und der Veränderung der Arbeit in den Jobcentern.
    • Warum zum jetzigen Zeitpunkt?
    • Es gibt eine Atempause der Pandemie.
    • In den letzten zwei Jahren ist trotz Lockdowns und Restriktion bereits sehr vieles gelungen.
    • Es starten zudem weitere Modellprojekte der zweiten Förderwelle bzw. sind gestartet und stehen am Anfang (und können vllt. profitieren von Erfahrungen der länger laufenden und diese wiederum von Ideen der neu startenden).
    • Eine neue Bundesregierung hat ihre Arbeit aufgenommen. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, das SGB II sehr deutlich und fast schon grundlegend zu reformieren.
    • Das Bürgergeld soll ganzheitlich, individuell und durch Nutzung anderer Instrumente anderer SGBs durchlässig werden; Stichwort „Teilhabevereinbarung“. Dazu wird qualifiziertes (und mehr) Personal benötigt (sagt die Koalitionsvereinbarung aus Ende 2021). Ausdrücklich benannt wird, die Zielsteuerung des SGB II zu verändern und Nachhaltigkeit, soziale Stabilisierung und Teilhabe aufzunehmen. Explizit erwähnt ist, aus den Erfahrungen mit den rehapro-Modellvorhaben heraus, die präventive Gesundheitsförderung in den Jobcentern zu stärken.
    • Zitat aus der Koalitionsvereinbarung: „Das Bürgergeld stellt die Potenziale der Menschen und Hilfen zur nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt in den Mittelpunkt und ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen verändern wir so, dass künftig eine Beratung auf Augenhöhe möglich ist und eine Vertrauensbeziehung entstehen kann.“ (Z. 2493ff.)
  • Vorstellung Forschungsverbund
  • Charakteristika der teilnehmenden Projekte
    • Unter den heute hier versammelten Modellvorhaben, die durch unseren Forschungsverbund begleitet werden, findet sich eine große Bandbreite der mit rehapro eingeleiteten Jobcenter-Arbeit auf neuen Wegen: Bspw. Häuser der Gesundheit (als Dependance des Jobcenters oder begonnen als perspektivischer Ort für diverse Gesundheitsakteure); Projekte, in denen das Kernteam allein aus dem Jobcenter kommt (oder aus mehreren), Projekte, in denen das Kernteam aus Jobcenter und Kommune besteht, Projekte, in denen das Kernteam aus Jobcenter und mehreren Akteuren u.a. auch beauftragten Trägern besteht, Projekte, in denen das Kernteam aus beauftragten Trägern gebildet wird (mit einer Anbindung an das Jobcenter).
    • Es finden sich Modellprojekte, in denen es eine Verantwortungsgemeinschaft Projektteam gibt (Jobcenter – Coaching (Träger) – med./psych. Akteur und Modellprojekte, in denen implizit an einer „Verantwortungskette“ (Begriff geprägt von Klaus Siegeroth, REGE Bielefeld in Zusammenhang mit Jugendberufsagenturen) gearbeitet wird.
    • Es finden sich schließlich kleine Teams aus 3 – 6 Fachleuten bis hin zu sehr großen Projektteams von 60 operativ Tätigen im Modellvorhaben.

Vorstellung der Projekte

1. JC Düsseldorf & Mettmann: Gesund und Aktiv – aus einer Hand GesA

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In der Diskussion angesprochene Punkte:

  • Verlängerung um 6 Monate angestrebt
  • Team arbeitet übergreifend, sowohl in Düsseldorf als auch in Mettmann
  • Kombination aus JC in einer Großstadt und JC aus einem eher ländlichen Raum, mit 10 Städten
  • Räumlichkeiten konnten während der Pandemie nur eingeschränkt genutzt werden
  • Viele Gruppenangebote: Gesundheit und Stärkung der Selbstwirksamkeit
  • Viele eigene Kurse
  • Kooperation mit Sportverein
  • Teilnehmende helfen Teilnehmenden: PC & Internet-Nutzung, Kreatives Schreiben
  • Schulungen: Umgang mit psychisch kranken Menschen => Änderung der Gesprächsführung
  • Verbleib im Projekt: 12 Monate sollte der Regelfall sein, üblicherweise waren es aber 18 bis 24 Monate
  • Zugang erfolgt über Arbeitsvermittler, diese stellen das Projekt vor
  • Über AVGS Assessment mit Handlungsempfehlungen, die im Projekt adressiert werden
  • Kundenakquise ist ein ständiger Kampf, immer wieder muss erinnert werden, da das Projekt nicht die höchstpriorisierte Zielgruppe adressiert
  • Regelmäßige Tage der offenen Tür alle 3 bis 4 Monate für Arbeitsvermittler, nur Papier reicht nicht aus

2. JC Kreis Plön: Potentialentwicklung für arbeitslose Menschen zur Neuorientierung – PaN (zusammen mit Brücke SH)

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In der Diskussion angesprochene Punkte (Entwurf Stand 23.06.2022)

  • Zwei Tageskliniken spielen eine wichtige Rolle im Projekt
  • 4 Zyklen mit jeweils 12 Monaten Dauer, curricular vorgegebene Modulstruktur
  • 15 Teilnehmende je Zyklus; aktuell sind noch 11 Teilnehmende dabei, vorher waren es ca. 12 / 13, die bis zum Ende dabei blieben
  • Nutzung u.a. einer Werkstatt zur Arbeitsdiagnostik
  • Gruppen- und Sozialräume vorhanden
  • Zielgruppe: Menschen mit psychischer Erkrankung und vorhergehendem Tagesklinikaufenthalt
  • Ziel der Teilnahme ist nicht die Erreichung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
  • 6 Monate werden für Praktika und Jobcoaching genutzt; Praktika werden sowohl von den Teilnehmenden selber akquiriert, aber Projekt kann auch auf eigene Kontakte zurückgreifen falls notwendig
  • Arbeitsprozesse sollen möglichst im Sozialraum stattfinden
  • Kooperation mit Krankenkassen: DAK bietet Seminare an, die Kooperation wurde bereits vor Projektbeginn vereinbart

3. JC Halle: Geh vor! Gesundheit hat Vorfahrt

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In der Diskussion angesprochene Punkte:

  • Teilnahme sowohl mit als auch ohne ärztliches Gutachten möglich
  • Selbstwirksamkeit und Eigenmotivation sehr wichtig für eine Teilnahme
  • Von Vorteil, dass es Anlaufstellen außerhalb des JC gibt
  • Derzeit 32 Teilnehmende, Betreuungsschlüssel ca. 1:12
  • Ein Gesamtbudget im Projekt wäre hilfreicher gewesen als derzeit die Einzelbudgets aller Projektpartner
  • Angebote sind wesentlich niedrigschwelliger als ursprünglich erwartet
  • Themen werden von den Integrationsfachkräften abgefragt, und mit den Ergebnissen werden Fortbildungen gestaltet und umgesetzt
  • Derzeit ca. 40 Personen auf Warteliste
  • Nachbetreuung von Teilnehmenden gibt es erst seit August, und es gab 10 Verlängerungen über die geplante Teilnahmedauer von 12 Monaten hinaus

4. JC Frankfurt: PROGES

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In der Diskussion angesprochene Punkte (Entwurf Stand 23.06.2022)

  • Einzelbüros für jeden Jobcoach
  • Projektumsetzung in Eigenregie, keine Projektpartner
  • Nach 2,5 Jahren halb so viele Teilnehmende wie zu diesem Zeitpunkt ursprünglich erwartet (770 TN)
  • Ursprünglich nicht geplant, doch im Projektverlauf mangels anderer Angebote Entwicklung ergänzender Gruppenangebote
  • Spaziergänge gut für Menschen mit psychischen Problemen, da das Gebäude des JC Ängste auslösen kann

5. JC Köln: Segel setzen – Hafen Köln

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In der Diskussion angesprochene Punkte (Entwurf Stand 23.06.2022)

  • Ziel: Menschen auf dem Weg zur beruflichen Reha unterstützen und begleiten
  • Kooperationen mit Partnern, die die Projektzielgruppe gut kennen
  • Durchschnittliche Teilnahmedauer 18 Monate, mehr als erwartet
  • DRV wurde zwei Jahre lang versucht mit an Bord zu holen, bislang erfolglos

6. JC Leipzig: Sanus LE – Gesund in Leipzig

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In der Diskussion angesprochene Punkte:

  • Von 620 betreuten Kund*innen am JC fanden sich 417 für die freiwillige Projektteilnahme, bislang 68 Austritte bzw. Abbrüche
  • Video verfügbar:     Video
  • Software zur Verwaltung der Netzwerke: OneNote

7. JC Leipzig: LIPSY

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In der Diskussion angesprochene Punkte (Entwurf Stand 23.06.2022)

  • Warteliste mit 80 Kund*innen, keine Probleme mit Zulauf
  • Psychologisches Screening: Selbstausfüllung durch Kund*innen; anschließend psychologisches Assessment
  • Frage zu den Gelingensfaktoren für die Zusteuerung wurde als Thema für den Nachmittag für die Arbeitsgruppen / Thementische notiert

8. JC Aachen, Düren und Kreis Heinsberg: rehapro Euregio rpE

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In der Diskussion angesprochene Punkte (Entwurf Stand 23.06.2022)

  • Eigener medizinischer Partner im Projekt
  • Komplexes Partnernetzwerk
  • Versuch, Termine kundennah umzusetzen, fallweise auch aufsuchend
  • 3 involvierte JC, ca. 40 Akteure insgesamt
  • Planungszahlen: Einström 2160, Durchström 720, Ausström 530 Kund*innen
  • Ziel: Aufnahme einer potentialgerechten Beschäftigung
  • Motivation und Freiwilligkeit zentral
  • Der medizinische Träger ist auch in der Lage zu prüfen, ob Teilnehmende unter welchen Bedingungen arbeiten können
  • Beobachtung: längerer Verbleib der Teilnehmenden in den Phasen => geringere Fallzahlen
  • Übertragung des holländischen Konzepts auf Deutschland braucht noch Anpassung
  • DARIUS (?) wird zum Profiling eingesetzt, erst ab Phase II sind die Verbleibenden dann Teilnehmende des Projektes

9. JC Ostholstein: Ich – Ich habe eine Chance

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In der Diskussion angesprochene Punkte (Entwurf Stand 23.06.2022)

  • 2 Gesundheitshäuser eingerichtet
  • 6 Mitarbeitende sowie eine Honorarärztin zur Begutachtung
  • Probleme, neue Kund*innen zu bekommen; selbst die schon runtergesetzten Fallzahlen können nicht erreicht werden
  • Kund*innen definieren die Themen von Kursen selber

10. JC Ortenaukreis: Gesundheit 4 Punkt Zukunft (mit AgilEvent)

[Präsentation online anschauen]

In der Diskussion angesprochene Punkte (Entwurf Stand 23.06.2022)

  • Angestrebte Fallzahlen müssen ggf. angepasst werden, falls Fallkonstellationen komplexer sind als erwartet
  • 53 Kommunen im Landkreis
  • Frage bspw. in Bezug auf Erfahrungen mit dem erforderlichen Sprachniveau (bspw. In Bezug auf Geflüchtete aus der Ukraine)

11. JC Mayen-Koblenz: AktiVoReha

[Präsentation herunterladen / Flyer herunterladen]

In der Diskussion angesprochene Punkte:

  • Laufzeit 01.11.2021 bis 31.10.2026
  • 1500 Fallanalysen (Facharzt für Arbeitsmedizin, Psychologe, Integrationsfachkraft), davon münden 500 TN in das Projekt ein; 1000 Klienten erhalten eine Empfehlung für das weiteres Vorgehen im Rahmen der Betreuung Markt und Integration
  • 500 TN profitieren für 6 Monate von einer Intensivbetreuung und therapeutischen Einzel- und Gruppencoachings mit psychoedukativ-innovativen Inhalten. Im Falle einer Arbeitsaufnahme kann eine Nachbetreuung durch die Intensivbetreuung in Anspruch genommen werden. Es wird eine APP mit präventivem, gesundheitsförderlichem Charakter entwickelt und zu Nutzung für alle Beteiligten bereitgestellt werden
  • Das Projekt beinhaltet ein Modul zum Thema Sensibilisierung von Arbeitgebern zwecks Entstigmatisierung von Arbeitnehmer*innen mit psychischen Beeinträchtigungen in Form von Coachings, Workshops und Kongressen
  • Herausforderungen: Steuerungsprozesse im operativen Bereich

12. JC Uckermark: GECKO

[Präsentation herunterladen]

In der Diskussion angesprochene Punkte (Entwurf Stand 23.06.2022)

  • 10% Arbeitslosenquote, dünn besiedelt
  • Dialogischer Spaziergang als wichtiges Instrument (bzw. walk & talk) für eine dialogische Prozessberatung
  • Schritt-für-Schritt-Vereinbarungen

Zusammenfassung zu den Stärken der Projekte

Vorteile für Teilnehmende

  • Gesundheit im Fokus (bei erweitertem Gesundheitsbegriff)
  • Freiwilligkeit
  • Teilhabeorientierung
  • Teilnehmende können sich auf sich selbst konzentrieren
  • Ressourcenorientierung und damit weg vom Defizitansatz
  • Angebote zur Selbstorientierung / Selbsthilfe
  • Anwendung individualisierter bedarfsorientierter Ansätze
    • neue Methoden
      • Vertrauen als Basis der Zusammenarbeit
      • interdisziplinäre Fallberatung
      • Agieren im geschützten Raum
      • Aufsuchender Ansatz
      • Peers
      • Nutzung digitaler Instrumente (Apps)
      • Teilnehmende werden „an die Hand genommen“
    • Mitwirkungsmöglichkeit der Teilnehmenden
    • durch erweiterten Gesundheitsbegriff (Stichwort Ganzheitliche Betrachtung) auch Bearbeitung weiterer Problemlagen
    • Anknüpfen an Lebenswirklichkeit der Teilnehmenden
    • Niedrigschwelligkeit
    • Geringer Betreuungsschlüssel
    • Schaffung „neutraler“ und empowernder Räumlichkeiten (bspw. eigene Etage in repräsentativen Bürokomplex oder in Wohnbebauung unter eigenem Logo bspw. der Überschrift „Haus der Gesundheit“)
  • Ergebnisoffenheit: Wegnahme von Druck, da kein Vermittlungszwang
  • Auch Betreuung von Arbeitgebern
  • Experimentiercharakter der Projektarbeit (was funktioniert gut; was funktioniert aus welchen Gründen nicht)
  • Vielfalt der Angebote
  • Flexible Teilnahmedauer, z. T. Möglichkeit der Nachbetreuung (nach Bedarf)
  • Frühzeitiges Erkennen von Problemlagen; damit schnellere Reaktion inkl. Einmünden in das Hilfesystem möglich
  • Entwicklung von Orientierung und nachhaltigen Zukunftsperspektiven für die einzelnen Teilnehmenden
  • Vermittlung in Beschäftigung ist möglich (auch bei psychisch Kranken)

Vorteile für die Netzwerkarbeit (Selbstverständnis des Projektes als vernetzter Sozialraum)

  • Rechtskreisübergreifender und rechtskreisverbindender Ansatz (z. B. SGB II, III, V, VI und VIII, IX und XII)
  • Vielzahl an kompetenten Partnern (nicht mehr nur Konzentration auf Weiterbildung / Beschäftigung)
  • Systematischer Einbezug von Akteuren des Gesundheitssystems
  • Aufwertung des Jobcenters durch die Modellvorhaben aus der Perspektiver von Partnern (z. B. das Jobcenter geht von sich aus auf Partner zu)
  • Kurze und informelle Kommunikationswege

Vorteile für die Jobcenter

  • deutlich zu erkennen: rehapro trifft auf Bedarf (z. B. sehr große Nachfrage; Wartelisten)
  • durch deutlich geringeren Betreuungsschlüssel ist die notwendig intensivere Arbeit mit den Teilnehmenden erst möglich
  • Interne Reichweite der Projektarbeit; z.B. Schulungen von JC-Mitarbeitenden finden durch das rehapro-Projekt statt (z. B. zur kollegialen Fallberatung, zur Erkennung von Krankheitsbildern)
  • Anforderungsspezifischer Kompetenzaufbau der rehapro-Teammitglieder (z. B. zur motivierenden Gesprächsführung) oder Mediation
  • Erprobung von rehapro in Stadt und Land (das lässt erkennen, welchen Einfluss regionalräumliche Bedingungen auf die Projektarbeit und den -erfolg haben; wo muss ggf. nachjustiert werden)
  • Verbesserung des JC-Image ggü. den Teilnehmenden
  • Experimentiermöglichkeiten auch für JC; Eintauchen in neue Erfahrungswelten (z. B. Prinzip der Freiwilligkeit) inkl. hoher Fehlertoleranz
  • Beispielhafte Erprobung zukunftsträchtiger Arbeits- und Organisationsweisen („Jobcenter der Zukunft“), ihrer Rahmenbedingungen und Erfolgsfaktoren

Nachmittag: World Café

Thementisch 1: Akquise und Zusteuerung von Kund*innen / Motivation zu Veränderung

Darstellungsformat


Herausforderungen

  • Stärken in Projekten / Was hat sich bewährt? / Was können wir uns bei anderen Projekten „Abschauen“?

TN-Zahlen sollten höher sein / Zusteuerung in Zusammenarbeit mit PAP/FM/IFK
Motivation der JC-Mitarbeiter*innen / „Gegeneinander“ im JC: Projekt-MA sind „die Guten“, PAP/FM/IFK sind „die Bösen“

  • Regelmäßig als Projektteam eigene Suchläufe machen; wenn potentiell geeignete Personen identifiziert werden: Kolleg*innen aus den Regelteams ansprechen
  • Sich immer wieder ins Gedächtnis bringen bei den Regelteams/immer wieder in die Teams gehen; auch beachten: hohe Personalfluktuation im JC, d.h. immer wieder neu über das Projekt informieren (Aachen)
  • In den Regelteams feste Ansprechpartner*innen für das Projekt benennen (Aachen)
  • Kleines Info-Blatt übers Projekt für PAP/FM/IFK
  • Best-Practice Beispiele aus dem Projekt in Newsletter / Intranet / Pressearbeit
  • Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit, die sich direkt an potentielle Teilnehmende richten
  • Tage der offenen Tür
  • Schulungen der Regelteams bzgl. Gesundheitlicher Beeinträchtigungen → potentiell TN besser identifizieren (Beispiel Lipsy: 450 IFK geschult)
  • Aufsuchende Arbeit
  • Träger, der Rehapro-Maßnahme umsetzt: in anderen Maßnahmen Rehapro „mit denken“; potentiell geeignete TN melden
  • „Erfolge“ des Projekts Rehapro / Integration den Regelteams „zuschreiben“;
  • ggf. auch (aber kontrovers diskutiert): PAP/IFK bleiben in der Fallverantwortung (Ortenau)
  • Gemeinsame Workshops zwischen PAP und Projektteam (Ortenau)
  • Wertschätzende Kommunikation der JC-Leitung

Motivation der TN, v.a. problematisch: Personen, die „Maßnahmenhopping“ hinter sich haben + Personen, die gesundheitlich sehr stark eingeschränkt sind (im JC als „nicht vermittelbar“ geltende Personen)

  • „andere Form“ der Ansprache →Personen müssen völlig neue Erfahrung mit dem JC machen; Kommunikation auf Augenhöhe; Ressourcenorientierung; motivierende Gesprächsführung
  • Wichtig: Personen nicht das Gefühl geben, sie seien in einer Maßnahme

Datenschutz: Austausch sensibler Daten zwischen versch. Organisationen

  • Kommunikation Datenschutz ggü Teilnehmenden so niedrigschwellig wie möglich; wenn möglich ein Formular, das transparent macht, das Beteiligung von wiss. Begleitung / Programmevaluation + ggf. Austausch von Daten unter projektbeteiligten Organisationen; Details sind dann jeweils spezifisch zu regeln bzw. bei jeder einzelnen Befragung; wichtig: keine „Abschreckung“ zu Beginn des Projekts

Vorschlag der wiss. Begleitungen zur Weiterarbeit im Nachgang:
Thema Zusteuerung: Das Thema Aufnahmeprozess, zu dem auch die Zugangssteuerung gehört, könnte ausgehend von in den Modellprojekten entwickelten und verschriftlichten Aufnahmekonzepten ausgetauscht und diskutiert werden.

Thema Motivation der Teilnehmenden: Das Thema „Motivation“ oder besser „Einlassen“ oder „sich trauen“ für bestimmte Teilnehmende in Zusammenhang mit dem Thema „Coachingprozess“ aufgreifen.

Thementisch 2: Coachingprozess

  • Als Herausforderung in der praktischen Projektarbeit erweist sich, wenn mehrere Personen in unterschiedlicher Rolle mit derselben/demselben Teilnehmenden arbeiten, wie es gelingen kann, dass alle für diesen und mit diesem TN „an einem Strang ziehen“.
  • Insbesondere in der Kooperation von JC als öffentlicher Einrichtung und externem freien Träger in der Arbeit am TN erscheint Vermittlung für ein geteiltes Verständnis von Coaching erforderlich, da die Ausgangspositionen der Beteiligten sehr unterschiedlich sein können. Eine Lösungsidee hierzu wäre, zumindest phasenweise oder eingangs, die Co-Arbeit zwischen Beteiligten beider Einrichtungen (im Kontext systemischer Beratung auch als „Tandems“ bezeichnet). Im Coachingprozess als Tandem würden die unterschiedlichen Perspektiven und Haltungen der Coaches erkennbar und am gemeinsam erlebten Fall besprechbar und diskursiv verhandelbar. Ergebnisse der fallbezogenen Diskurse könnten in den jeweiligen Teams ausgetauscht werden.

Coaching braucht:

  • eine spezifische Ausbildung (z.B. systemisches Familiencoaching), verbunden mit entsprechender Coaching-Haltung und professionellem „Handwerkszeug“
  • angemessene zeitliche Kapazitäten
  • eine Vertrauensbeziehung zwischen Coach und Coachee

Vorschlag der wiss. Begleitungen zur Weiterarbeit im Nachgang:
Thema „Coachingprozess: Herausforderungen, Voraussetzungen/Rahmenbedingungen und Erfolgsfaktoren“ sollte mit dem Blick auf einen zukünftigen Transfer in einem nächsten Workshop einen der Schwerpunkte bilden. Das Thema verbinden mit den Erkenntnissen von Thementisch 3 zur Netzwerkarbeit auf individueller Ebene

Thementisch 3: Netzwerkarbeit & Anbindung an sozialräumliche Angebote

Netzwerkarbeit auf individueller Ebene

  • Netzwerkkarte: Wer hat welche Kontakte? Auch Kontakte der Teilnehmenden! Recherche. Unterscheidung zwischen institutionellem und persönlichem Sozialraum
  • Wie weit der Sozialraum reicht ist individuell unterschiedlich
  • Ressourcen-orientierter Blick auf die Möglichkeiten im Sozialraum
  • Beobachtung: es mangelt den Teilnehmenden nicht an Informationen. Die Hürde ist, dieses Wissen ins „Doing“ zu bekommen und die Ressourcen auch zu nutzen
  • Förderliche Faktoren: positive Beziehungen, ein bekanntes Gesicht; nicht alleine zu einem Termin gehen; Begleitung / Gruppe / Peers; Augenhöhe
  • Hemmende Faktoren: Ängste; früher aufstehen müssen; Bus fahren; Fahrtstrecken; Flyer; Fahrtkosten
  • Bewährt hat sich die Einbeziehung von Teilnehmenden in die Planung
  • Bewährt hat sich, Peers zur gegenseitigen Unterstützung zu befähigen, mit erwünschter Eigendynamik
  • Allerdings: (exklusive) Peers Groups versus (inklusive) vorhandene Angebote im Sozialraum
  • Wie kann man in auf einzelne Teilnehmende fokussierten Projekten Peer Groups bilden?
  • Fallweise liegt gar kein Wunsch vor, Peers kennen zu lernen
  • Begleitet ein*e Coach*in eine*n Teilnehmer*in bspw. zu einem ersten Termin in einem Verein, wird das Stigma sichtbar => Ansprechpartner*innen in den Vereinen suchen

Fallübergreifende Netzwerkarbeit

  • Wie kann Netzwerkarbeit von den individuellen Netzwerken der Coaches unabhängig gemacht werden?
  • Sind die Akteure im Sozialraum überhaupt interessiert an der rehapro Zielgruppe?
    • Falls Nein: Informieren
    • Falls Ja: Welche Kompetenzen brauchen diese Akteure dann? Peer Konzepte für Teilnehmende ebenso wie für die Akteure anbieten und unterstützen
  • Korridore vereinbaren auf Organisationsebene
  • Lösungen allgemeiner Art im Sozialraum entwickeln
  • Verknüpfung von Angeboten / Möglichkeiten anstelle des Parallelbetriebs ohne Kenntnis voneinander => Synergien nutzen

Weiteres Thema: Wann ist ein Projekt erfolgreich, wovon hängt dies eigentlich ab?

  • Individuelle und Projektebene unterscheiden
  • Zusteuerung und deren Zugangskriterien
  • Was „bleibt“ nach einer Teilnahme?
  • Nur Vermittlungs-/Aktivierungsquoten?
  • Passung / „Chemie“ zwischen Teilnehmenden und Coach / Anbieter kann entscheidend sein; dies kann auch Gruppendynamik beeinflussen
  • Die bei Antragstellung geplante Zielgruppe ist nicht identisch mit der tatsächlich vorgefundenen Zielgruppe im Projektverlauf => Handlungserfordernisse!
  • Auftrag definiert Erfolgskriterien
  • Implikationen von Corona auf den Projekterfolg berücksichtigen

Vorschlag der wiss. Begleitungen zur Weiterarbeit im Nachgang:
Thema „Coachingprozess (zusammen mit dem Thementisch 2 ) weiterbearbeiten
Thema Projekterfolg: Das Thema sollte als eigener Schwerpunkt in einem nächsten Workshop systematisiert und mit Blick auf die Weiterentwicklung des Zielsystems im SGB II (s. Koalitionsvereinbarung Ampelregierung Ende 2021) sowie Organisationsvorschläge für die gesetzliche Rahmung der Jobcenterarbeit („Bürgergeld“??) aus den Erfahrungen der Modellvorhaben aufgegriffen werden.

Thementisch 4: Übergang in Praktika und Arbeit / Vermittlung (als Ziel?)

  • Mit wem wird Vermittlung als Ziel vereinbart?
    • JC GF – erhält selbst und übt „Druck von „oben“ aus → das auch durchaus im Widerspruch zu den Zielen des jeweiligen Modellvorhabens Projekt
    • mit den Kund*innen / Teilnehmenden
  • Zuweilen hilft es, Kund*innen in Richtung „Übergang“ „zu schubsen“ → deutlich gesteigertes Selbstbewusstsein
  • Ziel: Veränderungskompetenz bei Kund*innen entwickeln
  • „Arbeit“ kann vielfältig sein (Praktikum, Minijob, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, AGH, Zuverdienst, Ehrenamt,…)

Vorschlag der wiss. Begleitungen zur Weiterarbeit im Nachgang:
Über die Tragweite von aufgenommener Beschäftigung im/nach dem Modellvorhaben für die eigentliche Zielsetzung der Modellvorhaben, das Spannungsverhältnis von selbst gesetzten oder regional der Statistik zu entnehmenden Zielquoten und den tatsächlich erreichten Veränderungen auf Ebene der einzelnen Menschen sowie über nützliche Indikatoren für den tatsächlich erreichten Projekterfolg sollte in einem weiteren Workshop im Detail diskutiert werden.

Thementisch 5: Zukunft der Jobcenter – Jobcenter 2030

Einstieg: Verortung der Reha-Kompetenz im Jobcenter

  • Diskutiert wurde die Frage, wo die Reha-Kompetenzen im Jobcenter verortet sein sollten: in einem gesonderten Reha-Team oder in den Teams der Integrationsfachkräfte (IFK).
  • Die Konstellationen in den Jobcentern sind zurzeit sehr unterschiedlich: es gibt beide Varian­ten mit ihrem jeweiligen Für und Wider
  • Ausgangsfrage ist die Entscheidung, wie viel Spezialisierung sich finanzieren lässt (Stichwort: Personalschlüssel). In einem Fallmanagement-Team betreut eine Fallmanagement-Kraft 60 Personen; es wurde aber auch von der Situation berichtet, dass das Fallmanagement-Team wieder aufgelöst und die Fachkräfte wieder in die IFK-Teams integriert wurden.
  • Welche der beiden Konstellationen am erfolgversprechendsten ist, konnte abschließend nicht beantwortet werden und sollte weiter diskutiert werden.

Gesundheitsförderung als integraler Bestandteil der SGB II-Förderung

  • Der Anteil für Gesundheitsförderung am Eingliederungsbudget ist reglementiert; ob grund­sätzlich oder JC-bezogen wurde nicht deutlich; diese Reglementierung sollte aufgehoben werden.
  • Was man mit dem Gesundheitsanteil bereits alles macht, welche Erfahrungen es gibt und was man machen könnte, sollte viel bereiter diskutiert werden (Stichwort: Ernährungsbera­tung).
  • Dafür sollten auch REZ-Informationen genutzt werden, da selbige wissen, welche Maßnah­men und Maßnahme-Inhalte bereits genehmigt wurden.
  • Der § 16 f. „Freie Förderung“ böte Möglichkeiten auch gesundheitsfördernde Maßnahmen in die SGB II-Förderung zu integrieren (Stichwort: Gesundheitspass);

Was sollte / könnte ein Jobcenter (JC) der Zukunft charakterisieren?

  • Ein JC der Zukunft sollte gemeinsamen mit den Arbeitsagenturen gedacht werden: ist es denkbar, dass AA und JC (auch physisch) „unter einem Dach“ agieren (Stichwort: ?
  • So sollten JC wie AA auf gemeinsame Ressourcen zurückgreifen können.
  • Zu überlegen wäre auch, ob Angebote der beiden Institutionen „gebündelt“ werden könnten.

Rechtskreisübergreifende Kooperationen

  • Ein Ausgangspunkt könnten die gesetzlich verankerten „Teilhabeplan-Konferenzen“ sein
  • Ein Problem besteht darin: keiner macht sie – dafür gibt es zahlreiche Herausforderung:
  • Datenschutzthematik: rechtskreisübergreifens – ist ein erstes Todschlag-Argument
  • Auch fehlen rechtskreisübergreifend gemeinsame Begrifflichkeiten und vor allem ein gemeinsames Verständnis der Ziele und der Zielabschichtung
  • Zu klären wäre auch, was es bedeutet, auf Augenhöhe mit den betreffenden Personen zu agieren.

Vorschlag der wiss. Begleitungen zur Weiterarbeit im Nachgang:
Unter der Überschrift sollten weitere Workshops die Anforderungen aus der nützlichen Praxis der Modellvorhaben sehr frühzeitig aufgreifen, skizzieren, diskutieren; dazu sind nicht nur Projektleitungen gefragt sondern insb. JC-Geschäftsführungen sowie Geschäftsführungen u.ä. aus Trägerversammlungen und Beiräten der Jobcenter.

Abschlussplenum

Frage zur Verstetigung eines gesundheitsorientierten (statt eines beschäftigungsorientierten) Fallmanagements

  • Wie passt beschäftigungsorientiert zu gesundheitsorientiert?
  • 3 Arbeitsgruppen eingerichtet: Was können wir machen? Was wollt Ihr? Wie passt das zusammen?
  • Pro JC Team gibt es 1 oder 2 Fallmanager*innen (FM). Für diese gibt es einmal im Jahr ein Treffen, aber jeder arbeitet anders. Dies soll und muss sich ändern.
  • Daher: Bildung einer Gruppe von FM mit eigener Leitung (ca. 15 – 16 FM derzeit)
  • Rehapro Räumlichkeiten sollen langfristig für FM zur Verfügung stehen, um das Teamgefühl zu stärken

Ideen zur Verstetigung der Projektergebnisse

  • In einigen Projekten wird dieses Thema zentral in 2023 sein.
  • Es wird der Wunsch geäußert, eine gesonderte Veranstaltung für Führungskräfte / Leitungskräfte der entscheidungsbefugten Ebene zu organisieren, um den Transfer vorzubereiten, etwa durch a) jetzt schon praktikable Erkenntnisse und b) Erfordernisse für geänderte gesetzliche und kommunale Rahmenbedingungen

Wie weiter?
Zum Abschluss wurde von sehr vielen begrüßt, weitere ähnlich angelegte und austauschintensive Veranstaltungen in einem ähnlichen Rahmen zu organisieren (dazu gehört auch der attraktive Veranstaltungsort in Hamburg).

Vielen Dank an die Lawaetz-Stiftung, die die Räumlichkeiten und die Versorgung zur Verfügung gestellt hat!